Seit dem nationalen Frauenstreik vom Juni 2019 ist das Thema Lohngleichheit wieder in den Fokus gerückt. Doch wie lässt sich Lohngleichheit messen? Und viel wichtiger noch: Wie wird sie erreicht? Die Bundesverwaltung geht hier mit gutem Beispiel voran.
Lohngleichheit ist in der Bundesverfassung und im Gleichstellungsgesetz verankert und müsste eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Doch die Realität sieht anders aus: Gesamtschweizerisch verdienen Frauen noch immer rund 18 Prozent weniger als Männer, wobei sich rund 8 Prozent (oder rund 640 Franken monatlich) Lohnunterschied nicht durch objektive Faktoren wie Ausbildungsniveau, Anforderungsniveau, Branche oder Berufserfahrung erklären lassen.
Lohngleichheit ist dann gewährleistet, wenn für gleichwertige Arbeit der gleiche Lohn bezahlt wird – unabhängig davon, ob eine Frau oder ein Mann diese Arbeit verrichtet. «Gleichwertig» bedeutet: Stellen zwei verschiedene Aufgabenprofile gleichwertige Anforderungen an die Stelleninhaberin/den Stelleninhaber (Ausbildung, Erfahrung) und bringen diese gleichwertige Kompetenzen und Verantwortung mit sich, dann soll auch die Entlöhnung gleich hoch ausfallen.
Lohndiskriminierung geschieht meist unbewusst
Verschiedene Massnahmen helfen dabei, Lohngleichheit im Unternehmen zu erreichen: Ein Lohnsystem mit klar definierten Kriterien bietet zunächst einmal gute Rahmenbedingungen für eine gerechte Entlöhnung. Bei der Umsetzung bleiben aber Spielräume vorhanden, welche zu geschlechtsspezifischen Verzerrungen und damit zu Lohndiskriminierung führen können. Kaum jemand wird diese Spielräume bewusst zur Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausnutzen. Deshalb ist es wichtig, Vorgesetzte für unbewusste Wahrnehmungsverzerrungen («unconscious bias») bei der Lohngestaltung und der Beurteilung von Mitarbeitenden zu sensibilisieren. Eine regelmässige Analyse der Lohnpraxis ermöglicht es schliesslich, die Situation im Unternehmen zu überprüfen und allfälliges Optimierungspotenzial genauer zu verorten.
Die Bundesverwaltung als Vorbild
Die Bundesverwaltung hat sich mit der Unterzeichnung der «Charta der Lohngleichheit im öffentlichen Sektor» dem freiwilligen Engagement in Sachen Lohngleichheit verschrieben und will damit eine Signalwirkung für private Arbeitgeber erzielen. Seit 2010 hat die Bundesverwaltung bereits zwei Mal die Löhne ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Einhaltung der Lohngleichheit hin überprüft. Die letzte Überprüfung von 2018 hat ergeben, dass die Lohngleichheit in allen Departementen und Verwaltungseinheiten gewährleistet ist. Dass die Bundesverwaltung ihre Vorbildrolle im Bereich Chancengleichheit tatsächlich wahrnimmt, hat auch der vom Bundesrat in Auftrag gegebene Bericht «Corporate Social Responsibility (CSR): Der Bund als Vorbild?» aufgezeigt. Auf ihren Lorbeeren ausruhen will sich die Bundesverwaltung aber nicht: Für die nächste Analyse der Lohngleichheit soll insbesondere die Qualität der Daten noch weiter optimiert werden. Die Lohngleichheit bleibt also auch in der Bundesverwaltung ein Dauerauftrag.
Mit ihrem Engagement für Lohngleichheit hat die Schweiz den UN Public Service Award 2018 gewonnen. Massgeblich dazu beigetragen hat das Lohngleichheitsinstrument des Bundes (Logib), das als leicht bedienbares Selbsttest-Tool beständig weiterentwickelt und kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Es wird im In- und Ausland (z. B. in Deutschland, Frankreich und Finnland) zur Überprüfung der Lohngleichheit in mittleren und grossen Unternehmungen eingesetzt.
Das Instrument arbeitet mit einer statistischen Methode (Regressionsanalyse): Logib berechnet, wie sich lohnrelevante Faktoren, wie beispielsweise Ausbildung, Berufserfahrung, Anforderungsniveau und Funktion, auf den Lohn auswirken. Als weitere Variable wird das Geschlecht miteinbezogen. Wenn diese Variable keinen Einfluss auf den Lohn hat, liegt keine Ungleichbehandlung der Geschlechter vor.